Montag, 12. November 2007

August: Was ich alles gelernt habe im vergangenen Jahr

Ich habe gelernt, dass Freundschaften vergehen, weil Menschen sich ändern, dass nicht alle Menschen „nett“ sind und fast niemand ohne Eigennutz etwas tut. Dass Melisse Lachen macht und Johanniskraut die Nerven stärkt. Ich weiß jetzt, wie man Beton macht und dass man keinen Raubbau am eigenen Körper begehen darf; wie der Mensch, obwohl er eines ist, immer verstecken will, dass er ein Tier ist; wie schnell ein Jahr vorbeigeht und dass man im einen Moment himmelhoch jauchzend und im anderen zu Tode betrübt sein kann.
Ich habe erfahren, dass das Leben schneller vorbei sein kann, als man es sich vorstellt und dass, wer mit seinem Leben spielt, den Preis dafür zahlen wird. Ich habe gelernt, mich auf Französisch zu unterhalten, selbst am Telefon, und auch meine Kommunikationsfähigkeiten auf Deutsch verbessert. Ich nehme reger am täglichen Leben und meinem Umfeld teil.
Ich habe gelernt, Regen und Gewitter toll zu finden. Ich kenne nun das Gefühl des Regens auf nackter Haut. Ich habe den Sport meiner Kindheit und Jugend auf ganz einzigartige Weise für mich wiederentdeckt und erkannt, dass das Paddeln perfekt zu der Mischung aus Naturbegeisterung und sportlichem Ehrgeiz, die in mir steckt, passt. Ich habe Auto zu fahren gelernt und das blöde Gefühl erfahren, (mehrmals hintereinander) geblitzt zu werden.
Ich habe nicht das Rezept endgültiger Glückseligkeit gefunden, wohl aber erkannt, dass Glück und Freude, Traurigkeit und Depression zwei Wächter vor den Toren der Seele sind, die sich in wiederkehrenden Zyklen abwechseln. Das Leben ist ein Auf und Ab, ein Wellenschlag der Natur.


Ich weiß heute, dass mich das Reisen im oder mit dem Auto nicht glücklich macht. Um zufrieden zu sein, muss ich mich „by fair means“ fortbewegen, also zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Boot etc. Ich habe Herman Hesse bis zum Geht-nicht-mehr gelesen und seine Lebenseinstellung und seine Weisheiten mit dem Strohhalm eingesogen.
Ich war in Montpellier, Béziers, au Salvet, meiner ersten WWOOF-Farm, in Carcassone, im Département Aude, in Chalon-sur-Saone auf dem Nachhauseweg, Zuhause, in Rouen bei meinem Freund Antoine, von wo aus wir weiterzogen in die Bretagne, nämlich nach Concarneau an den Strand, wo wir im Zelt bei Minustemperaturen übernachteten; ich war in Brest, in den Mont-d´Arées, im Zauberwald von Huelgoat, in Guingamp, nochmals in Brest, im Zug auf dem Weg nach Hause, auf Jens` Beerdigung Zuhause, in Menez Kerveyen beim Zaunbau, in Nantes, Bordeaux, Bayonne, Biarritz, St. Jean de Luz, bei einer doofen deutschen Kommune im Départment Gers, noch mal in Carcassone, in der Nähe von Lodève bei der Arche de la Borie, wo es wunderbar war, in der Provence bei einer Longo-Mai-Gemeinschaft und beim Wandern in den Luberon-Bergen. Danach befand ich mich auf der Durchreise durch Cannes, Nice, Monaco, in Ventimiglia beim Gnocci-Essen, in Imperia mit einer Autopanne (4 Nächte!!), in Genua, bei Alessia in Mailand, die wir entführt haben gen Florenz, Siena, nach Petriolo und Saturnia zu den heißen Quellen, nach Neapel und danach nach Kalabrien, nach Reggio di Calabria und auf die Fähre nach Sizilien. Ich war auf Sizilien! Dort in Messina, zur Notte bianca in Catania, in der Totenstadt von Pantarica, in Portopalo, in Ragusa, in Agrigento, im Valle die templi, in Palermo, auf der Eolie-Insel Salina im Norden von Sizilien, in Rom, noch mal in Mailand, an einem Tag in fünf verschiedenen Ländern, nämlich in Italien, in der Schweiz, in Liechtenstein, in Österreich und in Deutschland. Ich bin Zuhause angekommen und habe mich ganz groß gefühlt in unserem Fachwerkhaus.
Ich habe gelernt, wie befreiend es sein kann, aus Versehen seinen Handyspeicher zu löschen. Ich habe die Freunde wie Unterhosen gewechselt und will die jetzige anbehalten.
Was wird nun geschehen? Ich bin gespannt...

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