Dienstag, 25. März 2008

Rote Nasen gegen blaue Hemden

Grenzüberschreitende Demo für Bildung et solidarité in Straßburg


Zum zweiten Mal riefen die Straßburger Linken zu einer Demonstration auf, deren erster Akt am 15. Dezember 2007 stattgefunden hatte. Der Widerstand der Franzosen richtet sich gegen die Hochschulpolitik der Regierung, die den Universitäten mehr Autonomie zugestehen will. Diese Unabhängigkeit macht die Universitäten und Humanressourcen Frankreichs abhängig von der Finanzierung aus Wirtschaft und Industrie. Die Straßburger Demo am 16. Februar schließt an eine neue Stundentenbewegung in Frankreich an, die im vergangenen Jahr Tausende von Stundenten im ganzen Land auch aus Angst vor drohenden Studiengebühren auf die Straße brachte.
Um halb drei treffen wir uns auf dem Place de la Gare, dem Platz vor dem Bahnhof. Die französischen Clowns spielen nach einer kurzen Einführung durch die Teilnehmer des Workshops in Freiburg schon voller Energie und liefern sich lustige „Schlachten“ mit der blaubefrackten Polizei.
Bevor wir anfangen, setzt sich unser Gaggle, unsere kleine Gruppe, ins Gras und wir besprechen unsere Strategie. Dies ist für die meisten von uns die erste Clownsaktion, zudem in einem fremden Land mit einer für viele fremden Sprache. Uns gehen Berichte von den gewalttätigen französischen Polizisten durch den Kopf… Da müssen wir eng zusammenbleiben!
Als wir mit der Neuigkeit konfrontiert werden, dass die Demonstration illegal, also nicht angemeldet ist, wird uns schnell klar, warum die Bullen den Zugang zur Innenstadt blockieren. Während wir noch diskutierend eine Taktik suchen, spielen die Franzosen am anderen Ende des Place de la Gare schon „Ochs am Berg“ mit den Polizisten.
Wir sieben Clowns, fünf Deutsche und zwei Franzosen, entscheiden uns dafür, eine Seitenstraße zu nehmen, die parallel zu der verläuft, die von den netten Herren und Damen in blau blockiert wird. Auf geht’s, Clowns, auf zum Spiel!
Zuerst marschieren wir ein Stück: Marsch-marsch-marschmallow, etc. Wir amüsieren uns vorzüglich und hüpfen herum wie die Wilden. Komm lass uns rennen, springen, lachen! Wir bewundern Autos und finden schnell auch lebendige Opfer: Ami setzt sich zu einem Paar vor einem kleinen Café und fordert die beiden auf, mit ihren Sektgläsern anzustoßen und sich zu küssen. Unter dem Blicken von sieben Augenpaaren sind sie ein bisschen geniert, aber sie amüsieren sich trotzdem mit uns.
Wir gehen weiter und ernten einen ganzen Haufen positive Reaktionen. Mutig und glücklich nähern wir uns einer Brücke, die von einer Bande Bullen bewacht wird. Sofort verstecken wir uns hinter einer Mauer, um die Sonderlinge in ihren Uniformen in Ruhe zu betrachten. Nach kurzem Überlegen gehen wir einfach los, mitten rein in die Bullentraube. Im ersten Moment habe ich das erhebende Gefühl, dass sie uns einfach passieren lassen, doch hinter mir und Ami schließen sie ihre Kette und hindern uns am Weiterkommen. Die plötzliche Gewalt und Brutalität überraschen uns und ich falle fast aus meinem inneren Clown heraus. Die Polizisten verlangen unsere Ausweise und durchsuchen uns. Einer von ihnen zückt sogar ein Messer, um dem Riemen von Amis Rucksack durchzuschneiden, weil der vorgibt, nicht zu verstehen, dass er seine Tasche ablegen soll. Um das zu verhindern, antworte ich auf französisch, was den ’flics’ sehr gut gefällt: „Na also, die versteht doch sehr wohl französisch!“ Ich habe unglaubliche Lust, auch ihre Ausweise zu kontrollieren und beginne, zu verstehen, weshalb deutsche Polizisten Demonstranten gelegentlich vor ihren französischen Kollegen warnen.
Durch Alpas und Amis Mut und Durchhaltevermögen finde auch ich wieder zu meinem inneren Clown und spiele weiter. Wir durchsuchen und bewachen uns gegenseitig auf der Brücke, um die übertriebene Penetranz der Polizei zu ironisieren. Wir hören nicht auf, Dummheiten zu machen, was die Herren natürlich sehr verärgert. Der Gewalttätigste, wohl deren Chef, bellt uns ständig irgendwelchen Blödsinn zu, so wie: „Ihr werdet noch euer blaues Wunder erleben! Euch wird das Lachen noch vergehen!“ oder „Ihr werdet gleich aufhören mit den Faxen!“ Trotz seinen Drohungen und Flüchen helfe ich Alpa, einen der Polizisten anzumachen. Einer unter ihnen scheint ein bisschen jünger und weniger hart zu sein als die anderen. Ich nähere mich ihm und bewundere die ganzen Knöpfe und Taschen auf seiner Weste, versuche, sie zu berühren und mich dabei immer näher an ihn ranzumachen. Aber am witzigsten ist es natürlich, ihm schüchterne, schrecklich verliebte Blicke zuzuwerfen, da ihn das sichtlich irritiert und ihm das außerordentlich peinlich ist. Wie soll er bloß reagieren vor seinen Kollegen?
Endlich bekommen wir unsere Ausweise zurück und der Pulk zieht ab. Wir sind sichtlich enttäuscht und traurig, als sie wegfahren; wir weinen und schluchzen fürchterlich. Nahe an ihren Kleinbussen spielen wir die “Socke“, ein Spiel, bei dem man sich in einer dichten Reihe gemeinsam aufstellt und den Blick ununterbrochen auf ein Ziel heftet. Langsam bewegt sich dann der hinterste nach vorne bzw. die vorderste nach hinten usw.
Nun haben wir es eilig: Bald beginnt die eigentliche Demonstration, zu der wir uns an der Kathedrale zusammenfinden. Ungefähr sechzig Grüne, Rote und Bunte warten da schon auf uns und wir ziehen auch sofort los. Ein junge Frau verkündet durch ein Megafon die Ziele der Demo: Das Recht jedes Menschen auf freie Bildung und die Solidarität der Menschen untereinander.
Wir kommen nicht weit: Schon auf dem Place de Kléber blockt die Polizei mit nur zwei Fahrzeugen unseren friedlichen Marsch und pickt sich sechs Demonstranten heraus, die abgeführt werden, darunter die beiden Transpiträger, eine Minderjährige und ein Tourist, der sich spontan der Demo angeschlossen hatte. Wir sind enttäuscht über das verfrühte Ende der Aktion und verstehen die übertriebene Reaktion der Polizei nicht. Noch eine Weile stehen alle gemeinsam auf dem Platz, spielen Samba und trampeln wilde Rhythmen auf den Bretterboden, doch wir Clowns schminken uns ab und einige fahren unentschlossen und verwirrt nach Hause. Der andere Teil schließt sich dem Rest der Truppe an und folgt ihm in die „Zentrale“, wo schon Essen für die Volxküche zubereitet wird. Nach einer kurzen Réunion, auf der angeregt über den Verlauf der Demonstration und deren Schwachstellen diskutiert wird, beschließen wir, die Vokü nicht wie angekündigt auf dem nahe gelegenen öffentlichen Spielplatz abzuhalten, sondern in den Privaträumen. Leider können so weniger Menschen teilnehmen, da nicht alle Straßburger diese Räumlichkeiten kennen. Doch trotz des augenscheinlichen Misserfolgs spinnen wir an diesem Abend neue Ideen, tauschen uns über geistige und nationale Grenzen hinweg aus, essen und planen zusammen weitere Aktionen. Ernüchtert und doch bestärkt im Bewusstsein einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, etwas enttäuscht und trotzdem wissend, neue Gleichgesinnte gefunden zu haben, verlassen wir Straßburg.

Feminismus? Wer braucht den heute noch?

In der Frauenbewegung symbolisieren die Farbe Lila und die Hexe die weibliche Weisheit, den weiblichen Widerstand und das weibliche Martyrium. Der Mond, der in feministischen Kreisen nach dem Vorbild der romanischen Sprachen „die Mondin“ genannt wird (s. „la luna“ bzw. „la lune“), steht für die weibliche Fruchtbarkeit und die Verbindung der „Weiber“ zur Natur.
Doch wogegen soll sich weiblicher Widerstand heute richten? Hat sich dieser nicht zu einer hysterisch-dogmatischen Bewegung entwickelt, angeführt von emanzenartigen „Mannweibern“?
So oder ähnlich lautet heute das weitgestreute Klischee, denn die Emanzipation der Frau gilt als abgeschlossen. Wer heute den immer noch existierenden Chauvinismus kritisiert, gilt selbst unter Frauen schnell als „Emanze“, ein Wort, das schon in den frühen Jahren der Frauenbewegung von deren weitgestreuten Gegnern pejorativ verwendet wurde.
Doch dabei werden die Erfolge der feministischen Bewegung vergessen. Die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann wurde 1957 beschlossen und trat ein Jahr später in Kraft. In dieser Frage unterlagen die Unionsparteien knapp. Damals wurde das Letztentscheidungsrecht des Ehemannes gestrichen, das vorsah, dass der Mann über das von der Frau mit in die Ehe gebrachte Vermögen und auch über deren Erwerbstätigkeit entscheiden konnte. Noch bis 1977 durfte eine Frau nur mit dem Einverständnis ihres Ehemannes erwerbstätig sein!
Das Recht auf Abtreibung („ob Kinder oder keine, bestimmen wir alleine“; „mein Bauch gehört mir“), den Zugang zu Berufsgruppen, die Frauen zuvor versperrt waren sowie die Annäherung an sprachliche Gerechtigkeit und Gleichberechtigung beider Geschlechter – das alles sind wichtige Neuerungen, die der Frauenbewegung zu verdanken sind. Sie bilden die Grundvoraussetzungen dafür, dass sich Frauen heute frei bewegen und reisen können. Sexuelle Belästigung und Vergewaltigung, auch in der Ehe, werden angezeigt und bestraft; außerdem haben beide Geschlechter heute dieselben Zugangsmöglichkeiten zu Bildung. Die Präsenz der Frauen in den Medien, in Kultur und Gesellschaft repräsentiert die wahren Verhältnisse, es gibt prominente Politikerinnen und auch Unternehmerinnen. Mädchen und Frauen haben bessere Noten, schließen ihr Studium schneller ab, machen mehr Praktika, mehr Auslandserfahrungen und bessere Abschlüsse als Jungs und Männer. Gleichstellungsbeauftragte, Frauenquoten und immer mehr Betreuungsmöglichkeiten für Kinder ermöglichen die politische, gesellschaftliche und ökonomische Gleichheit der Geschlechter.

Also alles kein Problem? Hat die Frauenbewegung ausgedient?
Meredith Haaf schreibt dazu in der März/April-Ausgabe der Zeitschrift Zeit Campus:

„Der durchschnittliche Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern liegt derzeit in Deutschland bei rund 20 Prozent. Damit gehört Deutschland gemeinsam mit Zypern, der Slowakei und Estland zu den vier europäischen Ländern, in denen Frauen am stärksten wirtschaftlich benachteiligt werden.
Dazu kommt: Ab dem 30. Lebensjahr geht fast die Hälfte aller Frauen in Teilzeitarbeit.“
(Meredith Haaf in „Junger Feminismus“ in Zeit Campus)

Warum arbeiten immer noch 43% aller Frauen in Teilzeit? Warum sitzt nur auf jedem vierten Chefsessel und gar nur auf jedem zehnten Professorensessel eine Frau? Wieso sind nur ein Drittel der Frauen mit Kindern unter drei Jahren erwerbstätig, bei den Männern dagegen 90 Prozent? Wieso herrscht immer noch das Vorurteil, dass das männliche Stereotyp besser zu einer Führungskraft passt als das weibliche, wenn die Frauenbewegung doch überflüssig geworden ist?
Unsere Sprache bezeugt außerdem, dass die Rollenverteilung auch heute noch in weiten Teilen starr und bar jeder kritischen Reflexion ist. Männer sind oft noch beherrscht von einem übertriebenen Selbstwertgefühl, das den männlichen Chauvinismus kennzeichnet. In Führungspositionen werden immer noch die Angehörigen des männlichen Geschlechts bevorzugt.
Sprachliche Ungerechtigkeiten beschreibt die Feministin und Linguistin Luise F. Pusch in ihren Büchern, u.a. in „Alle Menschen werden Schwestern“: Der Prototyp des Menschen, also der typische Vertreter der Kategorie Mensch, ist immer noch ein Mann und keine Frau. Eine Frau kann nach diesem Schluss die Gattung „Mensch“ als solche nicht vertreten. Man denke nur an Worte wie Strichmännchen, Marsmännchen, etc. Diese Prototypizität des Mannes ist zurückführbar auf dessen Omnipräsenz in Bereichen wie Politik und Wirtschaft. Langsam und unaufhaltsam erobern sich dank der Frauenbewegung auch Frauen die ihnen zustehenden Stellen, doch mit den Kindern kommt meist der Karriereknick.
Eine weitere frauendiskriminierende Eigenschaft der Sprache besteht in deren geschlechtsabstrahierenden Funktion (auch generische Funktion genannt). In allen romanischen Sprachen (Französisch, Spanisch, Italienisch, Rumänisch, Portugiesisch), im Russischen, Polnischen, Tschechischen, Serbokroatischen, Deutschen, Griechischen, Niederländischen und – mit Einschränkungen – in den skandinavischen Sprachen Norwegisch, Schwedisch, Dänisch, so lernen wir, werden aus 99 Schauspielerinnen und einem Schauspieler 100 Schauspieler. „Maskulina können sich generell nicht nur auf männliche Referenten beziehen, sondern auch auf gemischtgeschlechtliche Gruppen.“ (Alle Menschen werden Schwestern, Luise F. Pusch, S. 88) Die feminine Form wird in die maskuline inkorporiert, sie wird „geschluckt“ und verschwindet.
All diese unbefriedigenden Zustände deuten darauf hin, dass der Feminismus noch lange nicht ausgedient hat und neu belebt werden muss.
Aktuelle soziale Missstände, auf die der junge Feminismus aufmerksam machen muss, sind die Pornographie, die Prävention sexueller Gewalt sowie Sexismus aller Spielarten. Auch Männer können am neuen Feminismus direkt mitwirken, indem sie sich sexistischen Vorstellungen und Äußerungen im eigenen Umfeld entgegenstellen und diese damit unwirksam machen. Außerdem bedarf es mehr Solidarität zwischen den Frauen selbst und auch zwischen den Geschlechtern.
Erst wenn die Frauenbewegung bis in die Köpfe der Menschen vorgedrungen ist, werden Frauenquoten überflüssig, verschwinden Gehaltsunterschiede und Diskriminierung. Dazu ist es nötig, die Geschlechterrollen laufend zu hinterfragen und sich nicht in eine Schublade, in eine Rolle, drängen zu lassen. Auch die Sprache spielt eine nicht zu verachtende Rolle in der Gleichstellung der Geschlechter. Denken wird Sprache, und Sprache hat Handlungscharakter, denn "jedes konkrete Sprechen steht im Lebensverbande mit dem übrigen sinnvollen Verhalten eines Menschen; es steht unter Handlungen und ist selbst eine Handlung" (Bühler, Karl (1982) Sprachtheorie, S. 52).
Erst in einer freien und gleichberechtigten Welt determinieren allein die Veranlagungen und Interessen eines Menschen dessen Position, und nicht mehr das Geschlecht.

Mittwoch, 9. Januar 2008

Hitchhiking is my inspiration


“Busted flat in Baton Rouge, waiting for a train
And I am feeling near as faded as my jeans.
Bobby thumbed a diesel down just before it rained,
It rode us all the way to New Orleans.

I pulled my harpoon out of my dirty red bandanna,
I was playing soft while Bobby sang the blues.
Windshield wipers slapping time, I was holding Bobby’s hand in mine,
We sang every song that driver knew.

Freedom is just another word for nothing left to lose,
Nothing don’t mean nothing honey if it ain’t free, now now.
And feeling good was easy, Lord, when he sang the blues,
You know feeling good was good enough for me,
Good enough for me and my Bobby McGee.”


aus „Bobby McGee“ von Janis Joplin


Trampen kann Fortbewegungsmittel, Freizeitvergnügen, Sport und Lebensphilosophie in einem sein. Das englische „(to) tramp“ bedeutet so viel wie „sta(m)pfen, trampeln, auch wandern“. Mit einem Tramp bezeichnete man ursprünglich einen Wanderarbeiter oder Tagelöhner, also einen Vagabunden, einen Gelegenheitsarbeiter. In den 60er Jahren, in der Epoche der APO (=Antiparlamentarische Opposition) in Deutschland und der weltweiten Studentenrevolte, war das Trampen weit verbreitet und ‚hip’. Vor allem in der DDR war das Trampen die gewöhnliche Reiseform. Seit den 80er Jahren ist ein Rückgang des Stoppens zu verzeichnen, was dem wachsenden Bedürfnis nach Sicherheit entspricht. Doch oft wird mensch auch heute noch von Leuten, die in ihrer Jugend getrampt sind, mitgenommen. Die Berichte reichen von sehr tramperfreundlich (z.B. in Irland, Bretagne in Frankreich, Australien, Neuseeland, viele Teile Südamerikas, Skandinavien, Kanada, Japan und viele andere Länder) über relativ unkompliziert (Deutschland, Frankreich, Italien) und eher schwierig (Schweiz) bis hin zu ewigen Wartezeiten (Spanien). Im Baskenland soll es aufgrund der Angst vor Terroristen sogar verboten sein, Tramper mitzunehmen. In vielen Teilen der Erde ist es üblich, dem Fahrer einen kleinen Fahrtkostenzuschuss zu zahlen, z.B. in Asien und Osteuropa.

Interessant sind aktuellste Entwicklungen, vor allem die Gründung der Deutschen Autostop Gesellschaft, Abgefahren e. V. im August 2007 auf einem Trampertreffen bei Freiburg. Mit Hilfe des Internets will dieser Verein das Trampen vom "Hippie-Mief" befreien und wieder populärer machen.


Allgemeine Tipps

Beim ersten Mal trampt ihr am besten mit einem erfahrenen Freund mit, denn das nimmt die Hemmungen davor, sich wartend an den Straßenrand zu stellen. Es macht natürlich auch mehr Spaß, zu zweit zu trampen und mensch fühlt sich sicherer. A propos Sicherheit: Auf der Landstraße fragt den Fahrer nicht, ob er nach A oder B fährt, sondern wohin er fährt. Seine Antwort gibt euch Zeit zu entscheiden, ob ihr mitfahren wollt oder nicht. Denn ein ganz wichtiger Punkt, wahrscheinlich der wichtigste beim Trampen, ist der, auf eure Intuition zu hören. Habt ihr ein mulmiges Gefühl in der Bauchgegend, dann steigt lieber erst gar nicht ein, selbst wenn jemand anbietet, euch von Wien bis nach Berlin zu fahren.

Zentrale Elemente beim Trampen sind Unterhaltung und Kommunikation. Eure wirksamste Waffe ist eure Stimme. Sobald ich in ein Auto einsteige, beginne ich, mich vorzustellen oder ein Gespräch anzuzetteln. Das ist wichtig, um einen sozialen Raum sowie Vertrauen zwischen euch und dem Fahrer zu schaffen. Im Idealfall entsteht auf der Fahrt ein freundschaftlicher Kontakt oder es wird ein interessantes, unterhaltsames Gespräch. Versucht, immerzu in Kontakt mit eurem Gegenüber zu bleiben, um Herr/Frau der Situation zu bleiben. Dies gilt vor allem für Alleinreisende und wenn ihr noch ängstlich oder unsicher seid. Inwiefern ein Pfefferspray im geschlossenen Auto zur Verteidigung nützlich ist, habe ich glücklicherweise noch nie ausprobieren müssen; trotzdem habe ich es immer dabei. Um sich mit einem Messer in der Tasche sicher fühlen zu können, muss mensch eine passende „Ausbildung“ haben – denkt also daran, dass ihr damit im Notfall die Situation nicht entschärft.

Achtet auf kleines Gepäck und ein einigermaßen gepflegtes Äußeres. Packt euch eine Regenjacke, Klamotten zum Wechseln und Proviant ein.

In welcher Situation ein Schild des Ortes, zu dem ihr gelangen wollt, praktisch ist, muss von Mal zu Mal entschieden werden. Nur manche Fahrer denken daran, dass es euch sehr freut, von Hannover mit nach Hamburg genommen zu werden, wenn ihr nach Kiel fahren wollt. Am besten habt ihr aber immer Papier und Stifte dabei, um gut leserliche Schilder fabrizieren zu können. Ich habe mein Pappstoppschild immer dabei.


Tipps für die Autobahn

Am besten klappt das Trampen auf einer Autobahnraststätte, weil ihr dort die Leute direkt ansprechen könnt, sprich sofort einen Kontakt aufbauen könnt. Ihr seid dann nicht mehr die anonymen Fremden, die wartend und passiv am Straßenrand stehen, sondern könnt, wenn ihr redegewandt und kommunikativ seid, den Fahrer in ein Gespräch verwickeln.

Seid ihr einmal auf einer Raststätte angelangt, habt ihr schon den anstrengendsten und mühsamsten Teil eurer Reise geschafft. Ihr könnt versuchen, mit dem Bus so nahe wie möglich an eine Autobahnauffahrt zu fahren und von dort aus weiter zu trampen. Am besten eignen sich, mensch kann es nicht oft genug wiederholen, Tankstellen oder Rasthöfe, auch deshalb, weil an Autobahnauffahrten und Autobahnzubringern nur verrückte LKW-Fahrer halten. Ich rate davon ab, auf der Autobahn spazieren zu gehen, außer ihr wollt unbedingt, dass im Radio über euch berichtet wird.

Sitzt ihr einmal in den weichen Sitzen, gibt es eigentlich nur ein ganz einfaches Gebot zu beachten: Bleibt unbedingt auf der Autobahn! Lasst euch weder auf dem Notstreifen vor einer Ausfahrt, noch auf der Ausfahrt absetzen! Irgendwann wird mensch auch dort mitgenommen, aber die meisten Vorbeifahrenden zeigen einem doch eher den Vogel. Besorgt euch eine Karte, auf der die Autobahnraststätten eingezeichnet sind (gibt es oft an den Tankstellen selbst) und beharrt auf den Komfort des „Raststättenjumpens“. Im Sommer gibt es kaum eine angenehmere Art des Reisens!

Macht doch mal ein Tramprennen! Teilt euch in Gruppen zu je zwei Leuten auf, fixiert ein Ziel (z.B. das Brandenburger Tor in Berlin) und startet vom gleichen Ort aus (Tankstellen oder Raststätten bieten sich an). Die Idee stammt von Alexej Worow, der 1978 seinen Petersburger Trampklub gründete. Dieser veranstaltet jeden Winter einen irren Winterwettbewerb im eisigen Russland. Einen Bericht darüber kann man unter http://images.zeit.de/text/2004/13/Tramperclub_neu nachlesen.

Eine neue, moderne Art des Trampens boomt seit kurzer Zeit fast überall: Die Suche nach Mitfahrern oder Fahrern im Internet unter www.mitfahrgelegenheit.de (auch www.mitfahrzentrale.de). Dort kann mensch auch vermerken, dass man plant, mit dem Baden-Württemberg-Ticket oder dem Schönen-Wochenende-Ticket zu reisen und Mitreisende sucht.

Passend zu dieser ökologischen und ökonomischen Fortbewegungsart gibt es seit geraumer Zeit ein anderes tolles Netzwerk im Internet: den hospitalityclub.org. Auf dieser Webseite findet mensch weltweit reiselustige und gastfreundliche Menschen, die einem oder mehreren Besuchern einen Schlafplatz und manchmal auch eine Stadtführung anbieten. Dies ist eine wunderschöne Art des Reisens, die einen nicht zu unterschätzenden Teil zur Völkerverständigung beiträgt und in alle Himmelsrichtungen verbreitet werden sollte. Was mensch dort einmal an Freundlichkeit und Gastfreundschaft erfährt, möchte man gerne wieder an andere Reisende weitergeben. Und manchmal wird aus einem Besuch in der Ferne eine tolle Freundschaft…

Links:

Die Seite der Deutschen Autostop Gesellschaft: http://abgefahren.hitchbase.com/

Seite zur Selbstorganisierung im Alltag: www.projektwerkstatt.de/alternative/haupt.html

Seite mit Tips und Geschichten: http://www.hospitalityclub.org/veit/trampen.htm

Ebenso: http://www.bildervermietung.de/trampen/nach.htm

http://coforum.de/index.php?TramperTips

http://de.wikipedia.org/wiki/Trampen

Auf www.hitchbase.com bekommt man Infos darüber, an welche Stelle man sich am besten stellt.

www.mitfahrgelegenheit.de (www.mitfahrzentrale.de)

www.hospitalityclub.org